Precious Plastic München: Gastbeitrag über das Recycling von Plastik

Dieser Artikel über das Recycling von Plastik von Precious Plastic München ist ein Beitrag zur #plasticfreejuly Aktion von Auf die Hand, die dieses Jahr von einigen plastikfrei-, Zero Waste-, Garten-, DIY-Blogs, -Instagramerinnen, – Youtubern gemeinsam gestaltet wird. Die Beiträge aller Teilnehmer*innen findest du in dieser Auflistung.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen dieses Beitrags!

Aline – Auf die Hand
Severin vor unserem großen Schredder in der Werkstatt. Foto: Johannes Heichele

Der #plasticfreejuliy nähert sich dem Ende, und auch wenn wir uns ein bisschen mehr Mühe gegeben haben, so wenig Plastik wie möglich zu konsumieren, so bleibt am Ende des Monats doch ein kleiner „Pile of Shame“, der sich irgendwie doch nicht hat so ganz vermeiden lassen. Vermutlich geht es euch so ähnlich. Und auch den Rest des Jahres sieht es oft so ähnlich aus. Hier mal doch noch schnell was im Supermarkt gekauft, oder bei einem der nicht ganz so bewußt agierenden Online-Händler bestellt, und zack, stehst du da mit einem bisschen Verpackungsfolie, zwei Joghurtbechern und so einer blöden kleinen Einwegflasche.

Und was machen wir jetzt damit? Ab ins Recycling! In Deutschland behaupten wir von uns, Recycling-Weltmeister zu sein. Wir sammeln, spülen und trennen, damit alles sauber im gelben Sack oder der örtlichen Plastiktonne landet. Doch was danach passiert, ist leider nicht so weltmeisterlich. Denn tatsächlich werden gerade mal ca. 15 % unseres Plastikmülls wirklich wiederverwertet und in neue, meist niederwertigere Produkte verarbeitet. Der größte Teil wird ins Ausland geschickt, oder thermisch wiederverwertet, auf gut deutsch: einfach verbrannt.

David an unserem Stand auf dem Streetlife Festival.
Foto: Annika Nestele

Precious Plastic München

Weil uns das nicht so ganz glücklich gemacht hat, und wir gerne eine bessere Lösung finden würden, haben wir Precious Plastic München ins Leben gerufen, einen lokalen Ableger der Precious Plastic Bewegung. Precious Plastic ist eine internationale Gemeinschaft von Menschen, die sich mit dem Thema Plastikrecycling und Plastikvermeidung beschäftigen. Gegründet in den Niederlanden, gibt es heute einige 100 Werkstätten weltweit, in denen nicht nur Plastik wiederverwertet sowie nach Alternativen geforscht wird, sondern vollem Bewusstsein für das Thema Plastik, seine Wertigkeit, und unser aller Umgang damit geschaffen wird. Diese Werkstätten haben dabei unterschiedlichste Formen: Hobbywerkstätten wie unsere, von Menschen, die ihre Freizeit diesem wichtigen Thema widmen möchten. Projekte an Universitäten, bei denen Studenten aus verschiedensten Fachbereichen ihre Ideen zusammentragen. Kleine Ein-Personen-Manufakturen, die sich einem einzelnen Recyclingprozess verschrieben haben und damit tolle Produkte erstellen. Innovative Gruppen in Entwicklungsländern oder anderen Plätzen, an denen Plastikmüll ein noch viel größeres Problem ist als bei uns, die genau dieses Problem vor Ort angehen wollen und gleichzeitig dabei noch Arbeitsplätze schaffen können. All diese Menschen tauschen sich online aus und teilen ihre neuen Erkenntnisse offen mit der ganzen Community.

Doch wie sieht das Ganze konkret aus? Nun, zuerst sammeln wir Plastik, sortieren es nach Materialtyp, reinigen und zerkleinern es und versuchen dann, etwas Neues daraus zu erschaffen.  Das Sammeln passiert, wie ihr sicher über den letzten Monat bei #plasticfreejuly mitgekriegt habt, meist ganz von selber. Zusätzlich versuchen wir aber hier und da auch, aktiv auf Menschen oder Institutionen zuzugehen, bei denen wir wissen, dass dort Plastikabfall anfällt, mit dem wir gegebenenfalls etwas anfangen können.

Plastikeimer aus der Gastronomie, die wir in Kooperation mit einem Weihnachtsmarkt gesammelt haben.
Foto: @preciousplasticmunich

Das Sortieren des Plastiks ist wichtig, da sich jede Plastikart unterschiedlich weiterverarbeiten lässt. Wir arbeiten aktuell nur mit Thermoplastik, sprich mit Plastik welches beim Erhitzen schmilzt, und sich dann z.b. in eine neue Form pressen lässt. Unterschiedliche Plastikarten haben dabei unterschiedliche Schmelzpunkte. Zusätzlich ist die Sortenreinheit wichtig, damit das, was wir aus dem Plastik erstellen, auch danach wieder recycelt werden könnte. Die Art des Plastiks lässt sich oftmals sehr einfach erkennen, auf Verpackungen und vielen anderen Produkten findet ihr das Recycling Logo, ein Dreieck aus Pfeilen, oft mit einer Zahl in der Mitte bzw. ein paar Buchstaben darunter. Diese Zahlen bzw. Buchstaben stehen für die Plastiksorte, die hier verwendet wurde. Für viele Produkte gibt es auch einfach charakteristische Sorten, aus denen diese hergestellt werden. So sind Deckel von Plastikflaschen meist aus HDPE, genauso wie Shampooflaschen. Kleiderbügel sind meist aus Polystyrene (PS, 6),  Frischkäsebecher aus Polypropylen (PP, 5) und Luftbläschenfolie und die Verpackung von Klopapierrollen aus LDPE.

Die gängisten Plastiktypen und was daraus hergesteelt wird.
Foto: @preciousplasticmunich

Nach dem Sortieren und Reinigen, zerkleinern wir unseren ehemaligen Plastikmüll. Das meiste wird geschreddert und zu Granulat verarbeitet. Folien oder ähnliches lassen sich oft direkt verwenden oder mit einer Schere in kleinere Stücke zerschneiden, die dann weiterverarbeitet werden können.

Plastik selber wiederverwenden

Zum Produzieren neuer Produkte hat die Precious Plastik Community einige Maschinen entworfen, deren Baupläne frei verfügbar sind und jeder nachbauen kann. Sie beinhalten eine Spritzgussmaschine für kleinere Teile, eine Kompressionsmaschine für größere Formen, und eine Extrusionsmaschine, z.B. zum Freiformen mit zähflüssigem Plastik. Mit diesen Geräten und den passenden Formen lassen sich dabei die tollsten Dinge erzeugen. Für manche Sachen reicht aber auch einfach das, was ihr wahrscheinlich schon zu Hause habt, ein kleiner Toasterofen, oder sogar einfach nur ein Bügeleisen, und eine Nähmaschine. Und genau solch eine Idee, die sich einfach daheim umsetzen lässt, wollen wir euch jetzt zeigen:

Aus Plastikfolien, wie z.b. Luftbläschenfolie, alten Plastiktüten, oder in unserem Beispiel den dünnen Umverpackungen von Klopapier, lassen sich wunderbar wetterfeste Stoffbahnenerzeugen, aus denen man dann verschiedenste Sachen nähen kann.

Foto: @preciousplasticmunich

Dazu nehmt ihr eure Folien, entweder im ganzen oder in kleinere Stücke zerschnitten, und legt sie am Besten überlappend (dann wird das ganze auch schön wasserdicht) so zusammen, dass ihr ein Stück in eurer gewünschten Form bekommt. Kreative Muster aus verschiedenfarbigen Folien sind dabei genauso möglich wie eine einzelne Folie, bei der das Ausgangsprodukt danach noch gut erkennbar ist. Wichtig ist hierbei, dass die meisten Folien beim Erhitzen kleiner werden, d.h. also großzügig planen. Wie viele Schichten ihr übereinanderlegt, hängt von der Dicke der Folie, sowie den Anforderungen an das was ihr daraus machen wollt zusammen. Je dicker die Folie, desto länger müsst ihr bügeln.

Foto: @preciousplasticmunich

Nun nehmt ihr zwei Stücke Backpapier, legt eure Folienstücke dazwischen, und bügelt sie vorsichtig mit dem Bügeleisen zusammen. Wir haben ein Holzbrett auf das Bügelbrett gelegt, so dass sich die Folien beim Bügeln fest zusammendrücken lassen, um eine möglichst gute Verbindung zu bekommen. Wie lange und mit welcher Temperatur gebügelt wird, ist von Folie zu Folie unterschiedlich, daher am besten bisschen kälter anfangen und dazwischen immer mal wieder nachschauen, ob eure Folien schon zusammengeschmolzen sind. Wenn nicht einfach nochmal bisschend drüberbügeln oder die Temperatur erhöhen. Am Ende erhaltet ihr nun ein neues stabiles Stück dickerer Folie, welches ihr nun wie normalen Stoff weiterverarbeiten könnt: schneiden, vernähen, mit Reißverschlüssen oder Knöpfen ausstatten, und vieles mehr.

Foto: @preciousplasticmunich
Foto: @preciousplasticmunich

Wir haben hier einfach eine kleine Einkaufstasche genäht und dabei gleich noch ein altes Werbegeschenk-Schlüsselband als Henkel wiederverwendet, aber auch selbstgemachte Henkel aus mehreren Lagen Folie sind möglich. Die Henkel ruhig mehrfach vernähen, so dass sie nicht gleich wieder ausreißen. Nachdem an zwei Folienstücken die Henkel befestigt sind, einfach die beiden Hälften mit Außenseiten aufeinanderlegen und vernähen. Wenn ihr über die Nähte danach nochmal mit dem Bügeleisen geht, werden sie auch noch ein wenig stabiler und einigermaßen wasserdicht. Zum Schluß das Ganze noch umstülpen, damit die Nähte auf der Innenseite sind, und fertig ist eine Tasche, die euch beim verpackungsfreien Einkaufen hoffentlich noch lange gute Dienste leisten wird.

Foto: @preciousplasticmunich

Wenn ihr mehr Interesse daran habt, was wir so in unserer Precious Plastic Werkstatt treiben, folgt uns doch auf Instagram: @preciousplasticmunich. Wir freuen uns natürlich auch über Fotos von euren selbstgemachten Recycling-Plastiktaschen, Rucksäcken, oder sonstigen schönen Dingen, die ihr hier jetzt gemacht habt.

Foto: @preciousplasticmunich

WEITERLESEN AUF AUF DIE HAND:

Hier findest du alle Beiträge meiner #plasticfreejuly Aktion 2019.

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